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Kegelhofstraße 18

Die Geschichte des Hauses

[Unverändert übernommes Original aus 1986, (c) Lutz Mohnhaupt]

1906, ganz Hamburg-Eppendorf, auch die Kegelhofstraße war eine einzige Baustelle, gab Berend Thessen dem Architekten Bernhard Hirsch den Auftrag zum Bau der Häuser 16 und 18.

Es entstanden, wie überwiegend in der Straße zwei baugleiche, fünfgeschossige Wohngebäude mit jeweils drei Wohnungen pro Etage. Die Straßenfassade wurde überwiegend mit Jugendstilelementen gestaltet.

Die ersten Mieter zogen 1908 ein, um, wie üblich, die Wohnungen zunächst kostenfrei "trocken zu wohnen", was ein Jahr währte.

Thessen verkaufte die Häuser während der Wirtschaftskrise an Hugo Köhler, einem Bruder der heutigen Eigentümerin Antonie Köhler.

Familie Köhler interessierte der Zustand ihrer Häuser schon damals nicht, so daß bereits 1927 die Baupolizei aktiv und seitdem ständiger "Gast" wurde. Hugo Köhler setzte seinen Bruder Otto als Gerneralbevollmächtigten ein, da er, in Mailand lebend die Verwaltung der Häuser nicht selbst in die Hand nehmen konnte. Als Hugo 1947 in einem kleinen Ort im Spessart starb, erbte seine Zwillingsschwester Antonie die Häuser. Otto blieb Generalbevollmächtigter – bis heute.

Noch in der 70er Jahren zog er von Wohnung zu Wohnung, um die Miete persönlich zu kassieren. Erst am Dritten des Monats, denn er ist ja nicht so! Auch auf die soziale Lage seiner Mieter nahm er Rücksicht und gab sich schon mal mit einem Teil der Miete zufrieden. Wo allerdings das eingesammelte Geld blieb, ist fraglich, in die Häuser investierte er jedenfalls so gut wie nichts. Otto's Lieblingsbeschäftigung war, wie Bewohner noch heute versichern, mit über dem Arm geschlagenen Mantel, die Aktentasche unter die Achsel geklemmt die Kegelhofstraße auf und ab zu "promenieren". Hier und da wechselte er ein paar freundliche Worte mit seinen zahlreichen Bekannten und war auch den Anliegen seiner Mieter, dringend notwenige Reparaturen doch endlich durchzuführen stets wohl gesonnen. In seiner ruhigen, freundlichen Art versprach er, daß alles schon in die Wege geleitet sei und bald Abhilfe geschaffen werde. Meistens geschah nichts.

Der optische Zustand der Häuser 16 und 18 und die als kinderreichste Straße Hamburgs ("Kindermachergang") bekannte Kegelhofstraße waren nicht gerade ein Anziehungspunkt für "wohlhabende" Menschen. Nr. 18 soll sogar das Haus mit den meisten Kindern gewesen sein. Dementsprechend oft ging etwas zu Bruch – doch Miete kassieren war die einzige Aufgabe, die Otto Köhler ernst nahm.

Noch freundlicher und besorgter ist die Eigentümerin, seine Schwester Antonie, die noch jetzt in der Tracht, die sie als Ordenskrankenschwester trug zu bewundern ist. Sie verweist die Mieter höflich und nett an ihren Bruder, der immer alles so gut für sie geregelt hat.

Wegen dieser Situation muß die Baubehörde seit 1950 dann laufend mit Verfügungen eingreifen, um die gröbsten Mißstände in den Häusern zu beseitigen. Sie läßt Reparaturen in Ersatzvornahme vornehmen und versucht dann die Gelder einzutreiben. Klappt das nicht, wird zwangsverwaltet und die Mieten an die Stadt abgeführt – das Ganze wiederholt sich alle paar Jahre.

Oft gelingt es dem Hobby-Juristen Köhler jedoch, seine Einsprüche vor Gericht (immer ohne Anwalt) durchzusetzen. Sein brillianter Schreibstil, die Technik, Sachverhalte beliebig in seinem Sinne auszulegen und Mitleid zu erzeugen wird durch den Behördenhaß noch verstärkt.

Trotz der Zwangsmaßnahmen schritt der Verfall der Häuser immer weiter fort. Staatliche Ersatzvornahmen sind ein untaugliches Mittel, Häuser langfristig zu erhalten.

Schließlich stehen 1980 in Nr. 16 mindestens 6 Wohnungen leer, das Dach ist – wieder mal – undicht. In Nr. 18 sind wegen massiven Schwammbefalls 5 Wohnungen für unbewohnbar erklärt worden.

Gutachten werden erstellt. Sie bezeichnen 16 als erhaltungswürdig, 18 nicht (1,6 Mio. soll hier die Sanierung kosten). Von der Qualität der meisten dieser Gutachten soll hier nicht die Rede sein.

In Nr. 16 kostete die Ersatzvornahme schließlich statt 120.000,- DM 368.000,- DM, weil "nachträglich" Schwamm gefunden wurde. Nr. 18 sollte abgerissen werden. Im Bauamt wartete man nur noch auf Köhler, der den Antrag unterschreiben sollte – doch der kam nicht.

In dieser Sitauation suchten wir Anfang 1982 Leute, die bereit waren, die leerstehenden, schwammbefallenen Wohnungen selbst instandzusetzen und dies auch mit jeweils 5000,- DM finanzieren konnten. Der Rest sollte durch Mietkürzungen der übrigen Bewohner aufgebracht werden.

Bald wurde aber klar, daß niemand aufzutreiben war, der über das nötige Geld verfügte. So blieb nur der Weg, das Geld auszuleihen – bei "alternativen" Organisationen.

Das Gegengutachten, das wir 1982 vom Planerkollektiv (kostenlos!) anfertigen ließen, wird bis heute ignoriert. Es kommt mit 362.000,- bzw. 522.000 DM inkl. unterlassener Instandhaltung auf wesentlich niedrigere Summen.

Fassadenansicht



Grundriss der oberen Stockwerke,
3 Wohnungen/Etage, Straßenseite unten.



Gartenfassade



(Architekturzeichnungen: Karin Renner)



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(c) 1986 und 2001, Lutz Mohnhaupt